Dann und wann zu zweit allein
Von Jean BradfordDer Freitagabend, an dem meinem Mann und mir einfiel, was wir fast schon vergessen hatten, schien zuerst ein ganz gewöhnlicher Freitagabend zu sein. Mein Mann kam herein, hängte seinen Mantel auf und sah sich in der Küche um. Plötzlich fragte er: „Wo sind sie alle?“
Ich sah von den sechs Gratinpfännchen hoch, auf die ich Butterflöckchen setzte. „Irgendwo in der Nähe“, sagte ich. „Ich hatte heute den Kopf so voll, daß ...“
Er verschwand, und ich hörte, wie der Plattenspieler klickte. Dann klingelte das Telephon, und ich nahm die Nachricht entgegen, daß die Versammlung für den Abend abgesagt worden war. Mein Mann erschien wieder in der Küche, nickte erleichtert, als ich ihm das mit der Versammlung erzählte, sah noch einmal in alle vier Ecken und verkündete lakonisch: „Niemand da.“
Ich hielt einen Moment inne und dachte nach. „Oh – hab’ ja ganz vergessen. Jim macht eine Nachtwanderung mit den Pfadfindern. Und hat Ted heute morgen nicht gesagt, er will über Nacht bei Billy bleiben?“ Ich nahm zwei Pfännchen aus dem Ofen.
„Bobby ist bei den Howes und ... und Jane ist ...“ Ich stand wie angewurzelt und zählte noch einmal nach. „Weißt du was?“ sagte ich kläglich und sah den Mann an, mit dem ich seit ewigen Zeiten verheiratet war. „Wir beide sind ganz allein ...“
Mein Mann und ich befinden uns in der – wie die Soziologen vermutlich sagen würden – „Halbzeit“. Sie kennen das: Kinder halb erwachsen, Haus zur Hälfte bezahlt, die halbe Zeit hat man das Gefühl, als wäre man jung verheiratet, die andere Hälfte, als wäre man gar nicht verheiratet. Und wären wir von Zeit zu Zeit nicht so abgespannt, dann wüßten wir, wie glücklich wir die meiste Zeit sind.
Am Anfang ist eine Ehe eine Privatangelegenheit, nur kann davon nicht lange die Rede sein. Der stille Feldweg, den man Hand in Hand miteinander entlanggeschlendert ist, führt unversehens in eine Art von Hauptverkehrsstraße, wo Mann und Frau sich, wenn überhaupt, nicht aus Romantik, sondern zum gegenseitigen Schutz bei den Händen halten.
In dieser gemeinsamen Lebensepoche wird das eheliche Versprechen, „Vater und Mutter zu verlassen, an seinem Weibe zu hangen und ein Fleisch zu sein“, von Geschäftsreisen, Komiteesitzungen und Schulaufführungen außer Kraft gesetzt. Ehe man sich’s versieht, sind aus den intimen Essen zu zweit Eintopfgerichte für eine ganze Horde geworden. Ein aufregendes Leben, zugegeben, aber weit, weit entfernt, von dem „Tea-for-two“– und dem „Nur-ich-und-du“-Punkt, an dem man aufgebrochen ist.
So entpuppte sich der „gewöhnliche“ Abend, an dem wir beide uns plötzlich allein miteinander fanden, als ganz und gar nicht gewöhnlich. Wir redeten über viele Dinge, über die wir sonst nicht reden, und redeten überhaupt nicht über die Dinge, über die wir sonst reden. Nach der zweiten Tasse Kaffee lehnte sich mein Mann in seinem Sessel zurück und sagte zufrieden: „Das hat uns beiden richtig gefehlt.“ Und so halten wir seit jenem schicksalhaften Freitag nach jeder unerwarteten Möglichkeit Ausschau, miteinander allein zu sein. Was etwas völlig anderes als das alltägliche allein Miteinander ist. Das findet zum Beispiel statt, wenn Sie und Ihr Mann morgens in aller Herrgottsfrühe aufstehen, damit er rechtzeitig das Flugzeug erreicht. Es ist zwar noch still im Haus, aber der Alltag hat schon wieder Besitz von uns ergriffen. Der Installatuer muß noch einmal angerufen werden, erinnert Ihr Mann Sie, und Sie erinnern ihn daran, daß er morgen abend eine Sitzung hat. Eine Schulangelegenheit muß besprochen und ein Vorgang im Büro entschieden werden. Man ist allein miteinander und doch nicht wirklich miteinander allein.
Es gibt eine Menge einfacher – und kostspieliger – Möglichkeiten, miteinander allein zu sein. Man kann beispielsweise eine Reise um die Welt machen oder ein paar Wochen in einem Ferienort verbringen. Aber wem diese Vorschläge zu aufwendig sind, der versuche einmal, was mein Mann und ich getan haben: entdecken Sie ein paar einfache Wege miteinander allein zu sein, ohne Ihr Bankkonto zu strapazieren.
Unsere Kinder erwiesen sich, als sie erst über ihr unverhohlenes Vergnügen hinweg waren angesichts der Vorstellung, daß zwei so alte Leute wie ihr Vater und ihre Mutter auch nur den Wunsch haben konnten, miteinander allein zu sein, als große Hilfe. Sie suchen öfter ihre abendlichen Pläne zu koordinieren – nachdem wir erklärt hatten, wie reizvoll und angenehm dieser kleine Zufall in jedem Freitag gewesen war. Und unser Ältester hat sogar eine erfolgreiche Technik entdeckt, die wir das Geh-nicht-zu-Verein-Spiel nennen.
Er erfand es eines Abends aus dem Stegreif, als wir früh zu Abend gegessen hatten, weil mein Mann und ich zu einer wichtigen Versammlung mußten, um über irgendein Thema irgend etwas Wichtiges zu erfahren. Ich hatte mich bereits umgezogen und mein Mann sich mit einem weiteren langweiligen Abend abgefunden, als mein Sohn plötzlich beiläufig bemerkte: „In der Stadt läuft ein toller Film. Und da ihr sowieso ausgehfertig seid ...“
Wir sahen uns den Film an. Hinterher aßen wir noch ein Würstchen. Als wir schließlich nach Hause kamen, war es ziemlich spät. Wir haben uns großartig amüsiert und uns diesen Spaß von da an häufiger gegönnt. Zwar haben wir seitdem nicht mehr viel von dem erfahren, worüber man gemeinhin Versammlungen abhält, aber wir haben viel voneinander erfahren, und das erscheint uns wichtiger. Natürlich haben wir kein ganz reines Gewissen, wenn wir auf diese Weise auskneifen. Aber wenn man mit seinem eigenen Mann auskneift, um mit ihm allein zu sein, dann macht sogar das nicht ganz reine Gewissen Spaß. Eine Freundin hat mir zum Beispiel erzählt, sie habe ihren Mann einmal übers Wochenende auf einer Geschäftsreise begleitet, die nichts als das übliche allein Miteinander zu werden versprach, bis etwas Ungewöhnliches passierte.
Es begann damit, daß sie ohne ersichtlichen Grund zu kichern anfing, als ihr Mann ihre Namen in die Gästeliste des Hotels eintrug. Der Angestellte am Empfang sah überrascht hoch, worauf sie erst recht kichern mußte. Peinlich berührt, schob ihr Mann sie in der offensichtlichen Absicht, sie von der Bildfläche zu entfernen, so eilig in den Fahrstuhl, daß selbst der Page gluckste. Als sich die Tür ihres Zimmers hinter ihnen schloß, kamen sie sich praktisch unverheiratet vor – ein Gefühl, das sich alle allzusehr Verheirateten von Zeit zu Zeit einmal leisten sollten. Denn sich verworfen zu fühlen, ohne eigentlich vorworfen zu sein, ist eins der schönsten und unerwartetsten Vergnügen des miteinander Alleinseins. Auf diese Weise kommt man in den Genuß beider Welten. Es bedarf der Übung, das zu zweit Alleinsein. Ungefähr so wie Radfahren. Man vergißt zwar nie ganz, wie man’s macht, aber wenn man seit Jahren nicht gefahren ist, dann ist man anfangs vielleicht ein wenig unsicher. Wenn wir miteinander allein sind, muß ich mir immer noch die ersten zwei Dinge, die mir einfallen, energisch aus dem Kopf schlagen. Meiner Meinung nach ist dies jedenfalls nicht der geeignete Zeitpunkt, die Zahnarztrechnung oder den durchgeschmorten Motor in der Waschmaschine zu diskutieren.
Wenn ich an ein solches Thema gerate, lächelt mein Mann nur und antwortet nicht – und ich weiß Bescheid. Aber auch er vergißt sich manchmal. Wenn er zum Beispiel vor einer Kreuzung die Fahrt verlangsamt, dann passiet es, daß er den Arm ausstreckt und mich leicht gegen den Sitz drückt, weil er glaubt, er fahre unseren Jüngsten in den Kindergarten. Wenn das passiert, dann lege ich nur die Hand auf seinen Arm und lächle – und schon weiß auch er Bescheid. Das Entscheidende ist natürlich, daß wir beide Bescheid wissen. Wir haben begriffen, daß unser gemeinsames Leben mehr Freude enthält, als wir verdient haben; doch nur wenn wir uns die Zeit nehmen, miteinander allein zu sein, wissen wir dieses Geschenk zu würdigen. Man braucht allerdings ein bißchen Zeit. Zeit zuzuhören und Zeit zu reden; Zeit zu lieben und Zeit geliebt zu werden; Zeit, sich gegenseitig zu erinnern, daß dies geschäftige, verwirrende, unruhige, verrückte, aufregende und erschöpfende Leben, das man führt, ursprünglich einmal zu zweit angefangen hat. Und auch zu zweit enden wird. Und hat es so nicht eigentlich auch sein sollen? 怎么做才能不出现元音乱码现象? 我以前用 internet explorer, 就有元音乱码现象; 现在我用的是 Mozilla Firefox 我以前用 internet explorer, 就有元音乱码现象; 现在我用的是 Mozilla Firefox
澄澈 发表于 2009-5-22 11:58 http://www.dolc.de/forum/images/common/back.gif
这样啊,谢谢
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