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Du kannst ihm ruhig sagen: Du alter Sack, leck mich doch mal ........
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http://www.uni-saarland.de/uploads/media/Diebstahl.pdf
„Pfandflaschen-Fall“: Die Abhängigkeit des § 242 von zivilrechtlichen Fragen offenbart sich bei der Zueignungsabsicht bei
der Rückgabe entwendeten Leerguts. Eine Entscheidung des AG Flensburg24 (!) hat eine Vielzahl von Stellungnahmen
hervorgerufen. Zu unterscheiden ist zwischen individualisiertem Leergut und Standardleergut.25 Individuell gestaltete
Flaschen sollen an den jeweiligen Hersteller zurück gelangen. Die Pfandflaschen verbleiben in der Vertriebskette im Eigentum
des Herstellers. Sie werden gleichsam nur verliehen. Bei Standardleergut ist es dem Hersteller gleichgültig, ob er dieselben
Flaschen zurück erhält. Im Vertriebssystem werden die Flaschen übereignet. Der Händler und zum Schluss der Verbraucher
erhält das Eigentum an Inhalt und Behältnis. Das Pfand stellt einen Anreiz für die Käufer dar, die Flaschen zurückzugeben. Die
sehr feinsinnige Unterscheidung in der Art des Leerguts führt zivilrechtlich bei individuellem Leergut zur Rückgabe – Besitz
und Gewahrsam – und bei Standardleergut zur Rückübereignung. Diese unterschiedliche zivilrechtliche Rechtslage wirkt sich
auf die Zueignungsabsicht aus. Wer seinem Nachbarn standardisierte Pfandflaschen wegnimmt, um sie im Supermarkt
abzugeben, maßt sich an, die Flaschen gegen das Pfand zurück zu übereignen. Er verkauft eine für ihn fremde Sache.26 Bei
individualisierten Pfandflaschen verbleibt das Eigentum beim Hersteller.27 Das Pfandgut wird gegen das Pfandgeld
zurückgegeben. Wer seinem Nachbarn solches Leergut wegnimmt, maßt sich daher nur die Stellung des ursprünglichen
Käufers und Entleihers des Pfandguts an. Der Entleiher aber ist Fremdbesitzer (§ 872 BGB). Er tritt nicht wie ein Eigentümer
auf. Es fehlt daher bereits das formale Element des se-ut-dominum-gerere.28 Es beweist sich, dass dieses formale Element zur
negativen Abgrenzung geeignet ist. Ein in der Sache unmittelbar verkörperter spezifischer – enger – Sachwert ist bei den
Pfandflaschen nicht Gegenstand der Zueignung. Das Pfandgeld verkörpert keinen Sachwert der entwendeten Flaschen.29 Den
Sachen wird kein spezifischer Funktionswert entzogen. Das Leergut bleibt pfandtaugliches Leergut. Das Pfandgeld ist allein
ein finanzieller Anreiz für die Rückgabe. Unter Berücksichtung der zivilrechtlichen Lage bei individualisiertem Leergut, das im
Eigentum des Herstellers verbleibt, tritt der Schaden nicht beim Eigentümer ein. Dieser erhält seine Flaschen zurück. Einen
wirtschaftlichen Schaden hat derjenige, dem die Flaschen weggenommen wurden, da er sein Pfandgeld nicht zurück erhält,
bzw. der Supermarkt, der dem früheren Besitzer nach § 1007 Abs. 2 BGB den Besitz herausgeben und zweimal Pfand
entrichten muss. Deren Vermögen, nicht aber deren Eigentum ist geschädigt – kein Diebstahl, sondern möglicherweise
Betrug.30 Die Frage, bei wem der wirtschaftliche Schaden eintritt, ob beim Eigentümer oder im Vermögen eines anderen, weist
die Antwort für das Eigentumsdelikt des § 242. Übrigens: § 289 füllt die Strafbarkeitslücke nicht, da diese Norm bei
eigennützigem Handeln nicht greift.31
20 So MK-Schmitz, § 242 Rn 119 f.
21 Siehe AG Flensburg v. 1.7.2005 – 47 Ds 107 Js 26871/04 (41/05), NStZ 2006, 101; GS-Duttge, § 242 Rn 41; Hellmann,
JuS 2001, 353, 355; Mitsch, BT 2/1, § 1 Rn 142; S/S-Eser, § 242 Rn 49; Wessels/Hillenkamp, BT 2, Rn 128 ff.
22 So Fahl, JA 2002, 649, 653; J. Kretschmer, Jura 2010, 468, 470; Fischer, § 242 Rn 40; Wessels/Hillenkamp, BT 2,
Rn 182; tendenziell dem OLG zustimmend LK-Ruß, § 242 Rn 54; MK-Schmitz, § 242 Rn 120.
23 So für das Kopieren von Daten von einer Diskette: BayObLG v. 12.12.1991 – RReg. 4 St. 158/91, StV 1992, 120; GSDuttge,
§ 242 Rn 42; S/S-Eser, § 242 Rn 50.
24 AG Flensburg v. 1.7.2005 – 47 Ds 107 Js 26871/04 (41/05), NStZ 2006, 101.
25 Dazu umfassend OLG Hamm v. 31.7.2007 – 4 Ss 208/07, NStZ 2008, 154; Hellmann, JuS 2001, 353, 354; skeptisch
Schmitz/Goeckenjan/Ischebeck, Jura 2006, 821.
26 So OLG Hamm v. 31.7.2007 – 4 Ss 208/07, NStZ 2008, 154; Hellmann, JuS 2001, 353, 354 f; Rengier, BT I, § 2
Rn 62a.
27 Anders Schmitz/Goeckenjan/Ischebeck, Jura 2006, 821 ff.
28 Siehe AG Flensburg v. 1.7.2005 – 47 Ds 107 Js 26871/04 (41/05), NStZ 2006, 101; Hellmann, JuS 2001, 353, 355;
Rengier, BT I, § 2 Rn 62a.
29 So AG Flensburg v. 1.7.2005 – 47 Ds 107 Js 26871/04 (41/05), NStZ 2006, 101; OLG Hamm v. 31.7.2007 – 4 Ss 208/07,
NStZ 2008, 154; Hellmann, JuS 2001, 353, 355; auch Schmitz/Goeckenjan/Ischebeck, Jura 2006, 821, 825.
30 Siehe Hellmann, JuS 2001, 353, 356 f.
31 Siehe AG Flensburg v. 1.7.2005 – 47 Ds 107 Js 26871/04 (41/05), NStZ 2006, 101, 102; Schmitz/Goeckenjan/Ischebeck,
Jura 2006, 821, 826; anders OLG Hamm v. 31.7.2007 – 4 Ss 208/07, NStZ 2008, 154, 155. |
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