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LG Siegen-Urteil vom 12. März 2013 - Az. 1 S 116/11
Dem Beklagten hat ein Recht zur fristlosen Kündigung zugestanden. Gem. § 543 Abs. 1 S. 1 BGB kann jede Vertragspartei das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerdordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt nach § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB unter anderem dann vor, wenn dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache ganz oder zum Teil nicht rechtzeitig gewährt oder wieder entzogen wird. Zweiteres kommt gerade auch bei Auftreten eines Mangels in Betracht (vgl. Blank in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 10. Aufl., § 543, Rz. 24), wie er hier von dem Beklagten mit den letztlich unstreitigen Schimmel- und Feuchtigkeitserscheinungen vorgetragen ist.
Das Kündigungsrecht ist vorliegend auch nicht deswegen ausgeschlossen, weil der Beklagte den Mangel zu vertreten hätte. Bei streitiger Schadensursache – wie vorliegend – trägt der Vermieter die Beweislast dafür, dass die Schadensursache dem Obhutsbereich des Mieters entstammt. Hierzu muss der Vermieter sämtliche in seinen Verantwortungsbereich fallenden Schadensursachen ausräumen. Ist der Beweis gelungen, dass die Schadensursache aus dem Obhutsbereich des Mieters stammt, so muss der Mieter beweisen, dass der Schaden nicht seinem Verantwortungsbereich zuzuordnen ist (vgl. BGH NZM 2005, 17; Blank in: Schmidt-Futterer, a.a.O., § 543, Rz. 25). Vorliegend haben die Kläger schon nicht den Beweis erbracht, dass der Mangel – die aufgetretenen Feuchtigkeitserscheinungen – nicht bauseits bedingt ist. Denn ein Mangel scheidet nicht allein schon deswegen aus, weil die in der Wohnung vorhandene Wärmedämmung dem Standard des Errichtungsjahres entspricht. Vielmehr ist auch zu berücksichtigen, ob sich der bauliche Zustand nach der Errichtung verändert hat und ob hierdurch eine bauseits bedingte Schimmelgefahr entstanden ist (vgl. LG Bonn, Urteil vom 13.09.2012, 6 S 69/12, zitiert nach BeckRS 2012, 25560; Eisenschmid in: Schmidt-Futterer, a.a.O., § 536, Rz. 205 f.). Diese Gefahr ergibt sich insbesondere durch den Einbau moderner, besser isolierender Fenster in einem Altbau. Eine Gefahr, die sich nach den schlüssigen und in sich widerspruchsfreien Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr.-Ing. Y in der mündlichen Verhandlung im vorliegenden Fall verwirklicht hat. Durch den zeitlich späteren Einbau isolierverglaster Fenster ist der Taupunkt auf die der Bauzeit entsprechenden Wände verlagert worden. Die beim Benutzen der Wohnung entstehende Feuchtigkeit schlägt sich dadurch nicht mehr schwerpunktmäßig sichtbar an den Fenstern nieder, sondern an den Wänden. Auf hierdurch entstehende Schimmelgefahren hat grundsätzlich der Vermieter zu reagieren, sei es durch weitere gezielte Dämmmaßnahmen oder durch Hinweis an den Mieter bei Vertragsschluss auf ein erforderliches gesteigertes Heiz- und Lüftungsverhalten. Unterlässt er solche Maßnahmen, liegt im Auftreten von Schimmel ungeachtet der Einhaltung von DIN-Normen ein Mangel im Sinne von § 536 BGB (vgl. LG Bonn, Urteil vom 13.09.2012, 6 S 69/12, a.a.O.; Eisenschmid in Schmidt-Futterer, a.a.O., § 536, Rz. 206). Vorliegend haben die Kläger keine solchen Maßnahmen ergriffen. Ein allgemein gehaltener Hinweis an den Beklagten erfolgte erst mit Schreiben vom 11.01.2010, also am selben Tag wie die fristlose Kündigung ausgesprochen worden ist. Dieser allgemein gehaltene Hinweis auf die Verpflichtung zum Heizen und zum Lüften ist bereits inhaltlich nicht ausreichend. Auf eine gesteigerte Heiz- und Lüftungsverpflichtung wegen der baulichen Beschaffenheit ist nicht hingewiesen worden.
Es kann vorliegend schließlich dahinstehen, ob der Beklagte den Klägern vor der fristlosen Kündigung wirksam eine Frist zur Abhilfe gesetzt hat, denn eine solche war entbehrlich. Gem. § 543 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 BGB ist eine Abhilfefrist entbehrlich, wenn sie offensichtlich keinen Erfolg verspricht. Dies ist etwa dann der Fall, wenn dem Mieter aufgrund besonderer Umstände kein weiteres Zuwarten zumutbar ist. Hiervon kann beispielsweise ausgegangen werden, wenn der Mieter den Vermieter bereits mehrmals vergeblich zur Mängelbeseitigung aufgefordert hat (vgl. BGH NZM 2007, 561; Blank in Schmidt-Futterer, a.a.O., § 543, Rz. 34). Nach dem Inhalt der vorgerichtlichen Korrespondenz hat der Beklagte spätestens mit Schreiben vom 15. Oktober und 5. Dezember 2009 auf die bekannten Mängel der Wohnung hingewiesen und um Abhilfe gebeten. Eine Reaktion der Kläger ist – abgesehen von der pauschalen Ablehnung jeglicher Verantwortung – nicht erfolgt. Bei dieser Sachlage war erkennbar, dass eine Fristsetzung offensichtlich keinen Erfolg versprochen hätte. |
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