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Widerrufsrecht trotz erbrachter Dienstleistung im Fernabsatz
AG Hannover, Urteil vom 22. 08. 2006 - 561 C 5828/06
Zum Sachverhalt:
Die Kl. begehrt vom Bekl. eine Honorarzahlung für eine Geschäftsbesorgung. Ein Außendienstmitarbeiter der Kl. rief den Bekl. am 8. 11. 2005 auf seinem Mobiltelefon an und fragte den Bekl., ob er an einer Beitragssenkung hinsichtlich seiner privaten Krankenversicherung interessiert sei. Der Bekl. teilte mit, dass er eventuell interessiert sei. Er erhielt daraufhin ein Schreiben der Bekl. per Fax mit einem als „Auftrag zur Kostensenkungsanalyse“ überschriebenen Formular, welches er ausfüllte, unterschrieb und an die Kl. am 13. 11. 2005 per Fax schickte. In diesem heißt es unter Punkt Nr. 3, dass die Ersparnis von zwölf Monaten zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer einmalig als Honorar berechnet werden darf, wenn die Kl. aufzeigt, dass der maximale Gesamtjahresbeitrag bei der bestehenden Gesellschaft real gesenkt werden kann. Mit Schreiben vom 23. 11. 2005 teilte die Kl. dem Bekl. als Ergebnis ihrer Überprüfung mit, dass er durch einen Wechsel von seinem jetzigen Tarif CA 3 in den Tarif CA 5 mindestens 773,56 Euro pro Jahr sparen könne. Dem Bekl. wurde gleichzeitig ein Schreiben an seine private Krankenversicherung mit einem entsprechenden Umstellungsantrag übersandt, welches er lediglich noch zu unterschreiben hatte. Am 23. 11. 2005 übersandte die Kl. dem Bekl. eine Rechnung über 897,33 Euro mit der Bitte um Ausgleich. Der Bekl. zahlte hierauf nicht und verweigerte die Zahlung in einem Schreiben an die Bekl. vom 2. 12. 2005 mit dem Hinweis, dass die Kl. Zahlungen von ihm mit Sicherheit nicht erhalten werde, jedenfalls nicht ohne Urteil. Die Kl. mahnte den Bekl. vergeblich am 26. 1. 2006 und am 13. 2. 2006. Die Kl. behauptet, die erstattungsfähigen Leistungen in den verglichenen Tarifen seien identisch. Die von ihr berechnete Mindestersparnis bestehe selbst dann, wenn der Bekl. in dem von ihr vorgeschlagenen Tarif die höhere Selbstbeteiligung in vollem Umfang zahlen müsste. Der Bekl. ist der Auffassung, dass ihm ein Widerrufsrecht auf Grund eines Fernabsatzvertrags zustehe, und hat den Widerruf ausdrücklich erklärt in seinem Schriftsatz vom 17. 6. 2006. Darüber hinaus behauptet er, die aufgezeigte Alternative zu seinem bisherigen Tarif stelle keine Verbesserung zu diesem dar.
Die Klage hatte keinen Erfolg.
Aus den Gründen:
Die Kl. hat gegen den Bekl. gem. § 675 I BGB keinen Anspruch auf Zahlung von 897,33 Euro. Denn der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag wurde von dem Bekl. gem. §§ 355, 312d I BGB wirksam widerrufen.
1. Bei dem zwischen den Parteien geschlossenen Geschäftsbesorgungsvertrag handelt es sich um einen Fernabsatzvertrag i.S. des § 312b I BGB. Der Bekl. handelte beim Vertragsschluss als Verbraucher i.S. des § 13 BGB, die Kl. als Unternehmer i.S. des § 14 BGB. Der Vertrag über die Erbringung einer Dienstleistung kam unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln i.S. des § 312b II BGB zu Stande, namentlich durch einen Telefonanruf und die Übermittlung von Telekopien. Die Ausnahme des § 312b III Nr. 3 BGB greift nicht ein, denn die Kl. bietet selbst weder Versicherungen an noch vermittelt sie diese. Darauf weist die Kl. in ihrem Fax vom 8. 11. 2005 selbst in einer Fußnote hin.
2. Dem Bekl. stand gem. § 312d I BGB ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB zu, von dem er Gebrauch gemacht hat, indem er den Widerruf erklärte.
a) Das Widerrufsrecht ist nicht gem. § 312d III Nr. 2 BGB erloschen, bevor der Bekl. den Widerruf erklärt hat. Die Kl. hatte zwar die Dienstleistung zum Zeitpunkt der Ausübung des Widerrufsrechts bereits vollständig erbracht. Der Bekl. hatte jedoch dem Beginn der Ausführung der Dienstleistung nicht ausdrücklich zugestimmt. Der Bekl. hatte die Kl. durch ein von dieser vorgefertigtes Formular mit der Überprüfung seines Krankenversicherungsvertrags beauftragt, ohne eine Zeitangabe zu machen, und entsprechende Unterlagen übersandt. Gerade die Übersendung der Unterlagen kann nur als konkludentes, nicht aber als ausdrückliches Einverständnis mit dem Beginn der Dienstleistung verstanden werden. Die Erklärungen im Vertrag selbst reichen zu einem ausdrücklichen Einverständnis mit dem Beginn der Dienstleistung ebenfalls nicht aus. Wären die Formulierungen in dem von der Kl. vorgefertigten Auftragsformular als antizipiertes Einverständnis mit der Ausführung der Dienstleistung zu verstehen, wären sie sowohl gem. § 312f BGB und gem. § 307 BGB unwirksam (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, § 312d Rdnr. 7a).
b) Der Widerruf durch den Bekl. erfolgte fristgerecht. Die Widerrufsfrist hatte noch gar nicht zu laufen begonnen, da der Bekl. über sein Widerrufsrecht nicht belehrt worden war (vgl. § 355 II BGB).
[ 本帖最后由 cd168 于 2007-4-19 12:41 编辑 ] |
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