|
楼主 |
发表于 2009-7-11 17:12
|
显示全部楼层
本帖最后由 linma 于 2009-7-14 19:15 编辑
第二章《Hector steht sich Fragen》
Hector hatte seine Praxis in einer großen Stadt mit breiten Alleen, die von schönen alten Gebäuden gesäumt wurden. Diese Stadt unterschied sich von den meisten Großstädten der Welt: Ihre Bewohner aßen, bis sie satt waren; sie konnten sich kostenlos behandeln lassen, wenn sie krank wurden; die Kinder gingen zur Schule,und die meisten Leute hatten eine Arbeit. Man konnte auch vielen verschiedenen Filmvorführungen gehen und mußte dafür nicht sehr teuer bezahlen; es gab Museen, Schwimmbäder und sogar ein paar Ecken, wo man radeln konnte, ohne überfahren zu werden. Die Leute konnten auch jede Menge Fernsehprogramme empfangen, sie konnten alle möglichen Zeitungen lesen, und die Journalisten hatten das Recht, beinahe alles zu schreiben, was sie wollten. Die Leute hatten eine Menge Urlaub, selbst wenn das manchmal ein Problem war für diejenigen, die nicht genug Geld hatten zum Verreisen.
Obwohl alles besser lief als den meisten großen Städten der Erde, gab es dennoch Leute, die gerade mal genug Geld hatten zum Leben; es gab Kinder, die es nicht ertragen konnten, in die Schule zu gehen, und schlimme Dummheiten anstellten, oder sogar welche, die keine Eltern mehr hatten, die sich um sie hätten sorgen können. Es gab auch große Leute, die keine Arbeit hatten, und Leute, die dermaßen unglücklich waren, dass sie sich selbst zu behandeln versuchten, indem sie alles mögliche Zeug tranken oder ganz üble Pillen einnahmen. Aber diese Leute wohnten nicht in Hectors Stadtviertel. Trotzdem wußte er, dass es sie gab, denn er hatte viele von ihnen behandelt, als er noch am Krankhause gearbeitet hatte. Und das ging sogar weiter: Jeden Mittwoch war Hector nicht in seiner Praxis, sondern in Krankhause. Und dort traf er solche Leute wie Roger, den er fragte:>> Roger, haben Sie auch Ihre Medikamente eingenommen? <<
>>Ja, ja, der Herr ist mein Hirte, er leitet meine Schritte. <<
>> Das ist wohl so, aber haben Sie auch die Medikamente eingenommen? <<
>>Ja, ja, der Herr ist mein Hirte, er leitet meine Schritte. <<
Roger glaubte, dass der liebe Gott unaufhörlich zu ihm sprach, er hörte sozusagen Stimmen, und wenn er ihnen antwortete, redete er ganz laut. Warum auch nicht, werden Sie sagen. Das Problem war nur, dass Roger manchmal seine Medikamente nicht nahm und dann ganz alleine auf der Straße vor sich hinredete und sogar richtig laut, wenn er einen getrunken hatte. Und dann gab es Leute, die nicht nett waren und sich über ihn lustig machten. Weil Roger ziemlich stämmig war, ging das manchmal nicht gut aus, und er landete für einige Zeit in der Nervenklinik.
Roger hatte eine Menge andere Probleme: Er hatte niemals einen Vater oder eine Mutter gehabt, die für ihn dagewesen wären, in der Schule hatte es nicht recht geklappt, und seitdem er mit dem lieben Gott redete, wollten ihn die Leute nirgendwo mehr einstellen. Also füllte Hector zusammen mit einer Dame von der Sozialfürsorge haufenweise Formulare aus, damit Roger seine kleine Einzimmerwohnung in einem Viertel, wo Sie nicht unbedingt gern gelebt hätten, behalten konnte.
In Hectors Praxis ging es ganz anders zu als im Krankhause: Die Damen und Herrn, die zu ihm in die Sprechstunde kamen, hatten in der Schule ziemlich gute Noten gehabt und waren von einem Vater und einer Mutter großgezogen worden. Sie hatten eine Arbeit, und sie einmal keine mehr hatten, schafften sie es meist, eine neue zu finden; im allgemeinen waren sie gut gekleidet und konnten ihre Geschichte erzählen, ohne grammatische Fehler zu machen, und die Damen waren ziemlich hübsch( das machte die Sache für Hector bisweilen kompliziert).
Manche waren dennoch richtig krank oder hatten ein richtiges Unglück erlebt, und in diesen Fällen gelang es Hector größtenteils, sie mit Psychotherapien und Medikamenten zu behandeln. Aber es war auch viele dabei, die keine richtigen Krankheiten hatten, jedenfalls nicht solche, wie sie Hector als Student zu behandeln gelernt hatte, und sie hatten auch nicht richtiges Unglück erlebt wie etwa, dass ihre Eltern nicht gut zu ihnen gewesen wären oder dass sie einen sehr geliebt Mensch verloren hätten. Und trotzdem waren diese Leute nicht glücklich.
Zum Beispiel sah Hector in seiner Sprechstunde ziemlich oft Adeline, eine reizende junge Dame.
>>Wie geht’s? << fragte Hector sie.
>>Sie hoffen wohl, dass ich Ihnen eines Tages >Danke, sehr gut< antworten werde? <<
>>Warum denken Sie, dass ich das hoffe? <<
>>Sie müssen meine Geschichten doch langsam ein bißchen satt haben, oder? <<
Da hatte Adeline nicht ganz unrecht, selbst wenn Hector sie im Grunde gut leiden konnte. Adeline hatte Erfolg in ihrem Beruf, sie war Marketingspezialistin, wie man das heute nennt; sie verstand also die Dinge viel teurer zu verkaufen, als sie es eigentlich wert waren, und so waren ihre Chefs hochzufrieden mit ihr und gaben ihr oft fette Prämien.
Aber sie beklagte sich immerzu, vor allem über die Männer. Weil sie recht charmant war, hatte sie immer einen Mann in ihrem Leben, aber es lief niemals so, wie es sollte: Entweder war er nett zu ihr, aber dann fand sie ihn nicht aufregend, oder aber er war aufregend, und sie fand, dass er nicht besonders nett war; manchmal war er auch weder nett noch aufregend, und dann fragte sie sich, was sie eigentlich mit ihm anfangen sollte. Dazu kam, dass es immer ziemlich bedeutende Herren sein mußten, denn wer nicht bedeutend war, brauchte es bei Adeline gar nicht erst zu versuchen.
Indem er ihr eine Reihe von Fragen stellte, versuchte Hector ihr klarzumachen, dass der Gipfel des Glücks nicht unbedingt ein Maximum an Aufregung mit einem höchst wichtigen und dazu noch richtig netten Mann ist( vor allem können Sie sich ja vorstellen, wie leicht so einer zu finden ist – sehr wichtig und sehr nett zugleich...). Aber es war schwierig, denn Adeline war nun einmal anspruchsvoll.
Er traf auch Männer, die ein bißchen wie Adeline dachten: Sie wollten die aller aufregendste Frau, aber gleichzeitig sollte sie so richtig lieb zu ihnen sein und noch dazu Erfolg haben im Leben. In Arbeit lief es genauso: Sie wollten einen richtig bedeutenden Job, der ihnen aber auch die Freiheit ließ, sich>> selbst zu verwirklichen<<, wie manche das ausdrückten. Selbst wenn sie in einem Job ganz erfolgreich waren, fragten sie sich, ob sie mit einer anderen Arbeit nicht viel glücklicher gewesen wären.
Alles in allem sagten diese eher gut gekleideten Leute also, dass sie ihr jetziges Leben nicht mochten; sie stellten sich Fragen über ihren Beruf, sie fragten sich, ob sie mit der richtigen Person verheiratet oder beinahe verheiratet waren, sie hatten den Eindruck, dass sie in ihrem Leben gerade etwas Wichtiges verpaßten und die Zeit ihnen zwischen den Fingern verrann, dass sie es nicht schafften, all das zu sein, was sie sein wollten.
Sie fühlten sich nicht glücklich, und das war nicht gerade zum Lachen; einige dachten sogar daran, sich umzubringen, und Hector mußte sich sehr um sie kümmern.
Eines Tages fragte er sich, ob er solche Leute womöglich richtiggehend anzog. Vielleicht lag in seiner Art zu reden etwas, das ihnen besonders gefiel? Oder in der Art und Weise, wie er sie ansah und seinen Schurrbart zwirbelte, vielleicht sogar in seinen Hindu-Figürchen? In ganz beiläufigem Ton erkundigte er sich bei seinen Kollegen, die sich schon vor längerer Zeit niedergelassen hatten. Kümmerten sie sich bloß um Patienten mit richtigen Krankheiten? Die Kollegen guckten Hector an, als hätte er eine etwa dämliche Frage gestellt. Natürlich befaßten sie sich nicht nur mit Leuten, die richtig krank waren! In ihrer Sprechstunde hatten auch sie viele Personen, die mit ihrem Leben nicht zufrieden waren und sich unglücklich fühlten. Und aus dem, was sie sagten, schloß Hector, dass sie es mit diesen Leuten auch nicht viel besser hinbekamen als er.
Noch seltsamer war jedoch, dass es in diesen Stadtteilen, wo die meisten Leute viel mehr Glück hatten als die Bewohner der anderen Viertel, mehr Psychiater gab als in allen anderen Stadtteilen zusammen und dass dort Monat für Monat neue Praxen öffneten. Und wenn man auf die Weltkarte der Psychiatrie schaute( suchen Sie nicht nach ihr, sie ist sehr schwer zu finden), konnte man sehen, dass es in Ländern wie jenem, wo Hector wohnte, viel mehr Psychiater gab als im Rest der Welt, wo doch wesentlich mehr Leute lebten.
All dies war sehr interessant, brachte Hector aber auch nicht weiter. Er hatte den Eindruck, diesen unglücklichen Leuten nicht helfen zu können. Selbst wenn sie gern wieder einen neuen Termin aus machten, ihn bedrückte es immer mehr. Er hatte bemerkt, dass ihn eine Sprechstunde mit solchen unzufriedenen Leuten viel müder machte als eine Konsultation mit Patienten wie Roger. Und weil er immer häufiger diese Unglücklichen ohne Unglück sah, wurde er immer müder und sogar selbst ein bißchen unglücklich. Er begann sich zu fragen, ob er den richtigen Beruf gewählt hatte, ob er mit seinem Leben zufrieden war und ob er nicht gerade etwas Wichtiges verpaßte. Da bekam er es mit der Angst zu tun, weil er sich fragte, ob diese unglücklichen Leute nicht womöglich ansteckend waren. Er dachte daran, selbst ein paar Pillen zu nehmen(er wußte, dass manche seiner Kollegen welche nahmen), aber er überlegte noch einmal und fand, dass es keine gute Lösung war.
Eines Tages sagte Madame Irina zu ihm:>> Doktor, ich sehe, dass Sie sehr müde sind. <<
>> Oh, es tut mir leid, wenn man das merkt. <<
>> Sie sollten wirklich Urlaub machen, das würde Ihnen guttun. <<
Hector fand diese Idee gut: Wie wäre es, wenn er eine richtige Urlaubsreise machte?
Aber weil er gewissenhaft war, wollte er seine Ferien so einrichten, dass sie ihm dazu dienten, ein besserer Psychiater zu werden.
Und so beschloß er, eine Reise um die Welt zu unternehmen, und überall wollte er versuchen zu begreifen, was die Leute glücklich oder unglücklich machte. Wenn es denn eine geheime Glücksformel gab, sagte er sich, dann würde er sie auf diesem Wege früher oder später gewiß entdecken. |
评分
-
1
查看全部评分
-
|